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Riesenmuscheln

Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich Bücher sehr kritisch begutachte. Ich halte mich an den Spruch eines weisen Mannes, der da sagte: "Jeder, der ein Buch schreibt, sollte erklären können, warum dieses Buch notwendig ist und was es Neues bringt." Was also ein neu geschriebenes Buch von bisher verfassten unterscheidet. Daraus ergibt sich dann zwangsläufig, wie notwendig und attraktiv eine Neuerscheinung wirklich ist. Oder ob es sich dabei nur um den x-ten Aufguss von Althergebrachtem handelt.

Nun haben sich Daniel KNOP und der Dähne-Verlag entschlossen, das altbekannte und bewährte, jedoch schon lange vergriffene Buch über Riesenmuscheln neu aufzulegen. Und dieser Entschluss war gut, denn um es gleich vorweg zu nehmen: Dieses Buch hat mich rundum begeistert! Schon am Einband scheint eine fantastisch gefärbte Tridacna crocea in Hochglanzdruck Lust auf mehr machen zu wollen. Mit seinen ungewöhnlichen Maßen von 24 x 23 cm und seinem apart gestalteten Einband erinnert dieses Werk von außen zunächst eher an einen Kunstband als an ein biologisches Buch. Einmal aufgeschlagen, verliert man sich erst einmal leicht in der Fülle von mehr als 400 Fotos. Doch wenn man dann zu lesen beginnt, fällt es schwer, wieder aufzuhören. Der flüssige, leicht verständliche, jedoch fachlich immer einwandfreie und äußerst kompetente Text packt den Leser zeitweise wie ein Roman. Und das ist ausschließlich positiv gemeint! Denn was nützt das beste Wissen, wenn es der Autor nicht versteht, es seinen interessierten Lesern auf ansprechende und packende Weise nahe zu bringen? Und das ist eine von KNOPs großen Stärken: Seine Freude und Begeisterung ebenso wie seine Fachkenntnis und jahrzehntelange Praxis ungefiltert zu Papier bringen zu können.

Nach einer kurzen Einführung über Riesenmuscheln im Meer geht das Buch mit der ausführlichen Beschreibung aller zehn Arten der Gattungen Tridacna und Hippopus gleich in medias res. Natürlich darf die erst vor kurzem neuentdeckte Tridacna costata nicht fehlen. Jeder Art werden mehrere Seiten gewidmet, um ausführlich auf Verbreitung und Habitat, Beschreibung und Unterscheidungsmerkmale unter Einbeziehung der Mantellappen und der Schale, auf den Lebensraum sowie auf die Pflege im Aquarium einzugehen. Ein abschließender Bestimmungsschlüssel hilft, die manchmal schwer zu unterscheidenden Arten auseinander zu halten und richtig zu bestimmen.

Das nächste Kapitel über die Anatomie von Riesenmuscheln lässt mit seinen Ausführungen keinen Körperteil aus. Schale, Wasserkammern und Schließmuskel finden hier ebenso ausführliche Behandlung wie das Kreislauf- und Nervensystem, der Fuß und das Symbiontenkanalsystem. Ebenso wird die Frage behandelt, wie die Symbiosealgen in die Muschel kommen und mit welchen kommensalen Organismen sich eine Riesenmuschel herumschlagen muss.

In umfangreichster Weise widmet sich das folgende Kapitel der Haltung im Aquarium. Gleich zu Beginn fiel mir hier ein Satz auf, der sich im Verständnis jedes Aquarianers festsetzen sollte und der nicht nur bei Muscheln seine Gültigkeit hat: „Das Wichtigste beim Platzieren einer Riesenmuschel im Aquarium ist jedoch, dass man sich nicht von der ästhetischen Wirkung diktieren lässt, sondern den physiologischen Ansprüchen des Tieres folgt“. Wie wahr ist diese Aussage! Drückt die Naturverbundenheit und Sensibilität aus, die jedem Tierhalter eigen sein sollte und viele Misserfolge vermeiden helfen würde. Aber weiter zum Inhalt: Alle relevanten Punkte zur Aquarienhaltung werden hier behandelt, wobei ein sehr breiter Raum dem Thema „Parasitäre Schädigungen, Infektionskrankheiten und Milieuschäden“ gewidmet ist. Überaus detailgenau geht der Autor hier auf alle möglichen Schädigungen ein, der eine Muschel anheim fallen kann.

Ökologie, Handel und Nachzuchten behandelt schließlich das letzte Kapitel. Wir lesen hier über vorbildliche Zuchtprojekte in Muschelfarmen (an denen Daniel KNOP zum Teil auch selbst beteiligt war) ebenso wie über absurde Exportverbote von Nachzuchtmuscheln, über Projekte zur Auswilderung gezüchteter Muscheln ebenso wie über den Umstand, wodurch wir Aquarianer letztlich zum Erhalt der Riesenmuscheln beitragen.

Ein Verzeichnis mit 264 (!) Literaturangaben beschließt dieses Werk und führt einmal mehr vor Augen, mit welcher Akribie und Intensität sich der Autor der Darstellung dieses ihm so wichtigen und nahe stehenden Themas gewidmet hat. Umfassender und ausführlicher kann man eine Tiergruppe nicht behandeln!

Ich habe mich in dieser Rezension überhaupt nicht bemüht, meine Begeisterung und Freude über dieses Buch zurückzuhalten. Jedem Meerwasseraquarianer und letztlich jedem biologisch interessierten Menschen sei empfohlen, dieses Buch zu lesen und zu genießen und so alles über das Thema „Riesenmuscheln“ zu erfahren, was man zwischen zwei Buchdeckeln pressen kann. Gratulation dem Autor und dem Verlag!

Harold Weiss


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